Um Stift und Geist in Bewegung zu halten, nutze ich Schreibimpulse. Jeden Morgen flattert eine Mail in meinen Posteingang. Sie enthält einen Begriff, eine Frage oder die Aufforderung, etwas zu beschreiben. Die Herausforderung: intuitiv und nicht länger als zehn Minuten zu schreiben. Los gehts!
Gedanken-Schnipsel

Suchtfaktor
Bis abends geht alles gut. Frühstück, Mittag- und Abendessen, dazwischen Obst. Prima! Aber dann. Sie sind eingesperrt im Keller und bahnen sich zuverlässig ihren Weg nach oben, wenn der Tag sich dem Ende zuneigt. Erst in Gedanken, dann ...

Weißes Privileg
Es war nur ein kleines Pflaster. Und doch hat es Spuren hinterlassen, nachdem die Wunde oder Blase, so genau weiß ich das nicht mehr, längst verheilt war. Ich zog es aus der weißen Box mit dem roten Kreuz, wo es schon lange neben Kopfschmerztabletten und Hustensaft gelegen hatte. .
Wie viele waren es? Weiß nicht mehr. Einer? Zwei? Gleichzeitig? Hintereinander? Sicher ist, dass Tante Käthe mindestens einen Kanarienvogel hatte. Der war quietschgelb. Und laut. So laut, dass er ihr mit seinem Tschilp-triller-hier-bin-ich mächtig auf den Wecker gegangen ist...
Tschilp


Meinungskonfetti
Sie kleben unter Posts, an Biergläsern und zwischen den Zeilen. Meinungen haben Hochkonjunktur. Jeder hat eine, am liebsten zu allem. Möglichst laut und bunt müssen sie sein, locker eingestreut wie Konfetti und viel spannender als schwarz-weiße Fakten.

Mit offenem Mund
Mit offenem Mund stehe ich in der letzten Zeit häufiger da. Wenn ich sehe, wie sich Menschen ohne Rücksicht auf andere in die Bahn drängen, in ihre Handys brüllen, was sie zum Mittagessen hatten oder die Pilzinfektion an Stellen, die ich mir bei ihnen im Leben nicht nackig vorstellen möchte,

Ausbrecher
Hallo, du da! Die Glockenblumen recken mir ihre lila Köpfchen entgegen. Ein ganzer Busch hat sich den Weg durch die dunklen Latten des mannshohen Holzzauns gebahnt. Wahrscheinlich ist eine besonders Neugierige zuerst ausgebrochen und wollte es nicht an die große Glocke hängen. Nur mal kurz schauen.

Denkmuster
Ein Pferd ist ein Pferd ist ein... Zebra? Offensichtlich wollte das Huftier in ein neues Fell schlüpfen. Sich wild und gefährlich fühlen. Den Pferde-Alltag hinter sich lassen. Vielleicht träumt es sich von Köln-Langel in die Serengeti

Gemischt
Die Jungs haben ihre Jacken und Räder abgeworfen. Sie stürmen aus dem Büdchen, Schulranzen wippen auf und ab. Spitzknochige Arme recken Papiertüten in den Oktoberhimmel wie die Fackel mit dem olympischen Feuer. Gleich fischen ihre Finger nach...

Glücksmomente
Da liegt sie vor mir. Außen schlicht, braunes Packpapier. Sie braucht weder grelle Farben noch ein raffiniertes Design. Ihr Aufdruck macht sie besonders, verheißt Spannung und Freude. Glücksmomente in Tüten. Eine schöne Idee. Was würde ich in meine packen? (Foto: Sabine van Baaren)